Hätte ich noch keine Geschenke mit Charme bis zum 22. Dezember gefunden, oder wenn ich auf der Suche nach Stimmung gewesen wäre, ich wäre hier verzweifelt: beim Adventzauber am Wiener Rathausplatz.

Text: Mascha K. Horngacher
Fotografie: Bernhard Wolf

Für alle, die einem vergönnten unschuldigen Weihnachts-Glauben anhängen, lest nicht weiter. Meine Beobachtungen am bis dato vermiedenen Weihnachtsmarkt-Spektakel am Rathausplatz haben mich schockiert. Es verwundert mich nicht, dass ich es sieben Jahre in Wien geschafft habe, mich diesem Zauber zu entziehen. Mag daran liegen, dass ich weder der traditionelle noch der moderne Weihnachts-Mensch bin. Dennoch wollte ich, vielleicht nicht gerade teilhaben an dem, das viele sogar in meinem Umfeld begeistert, aber es zumindest verstehen. Es fing gut an und endete tragisch.

Schön warm eingepackt
Kein Geld für einen Damenspitz ausgeben, ist wunderbar. Der Duft, der uns empfing, war gewaltig. Glühwein – die Luft war zum Fürchten dicht. Auf einer Wolke Langos und Zuckerwatte wateten wir durch eine zum größten Teil ausländische Massen in Pudel-, Pelz- und Weihnachtsmannmützen. Kleine, warm eingepackte Hunde, Kinder und Würstel im Brotmantel; vorbei an einer steirischen Tanne, Bling-Bling und einer Hüttenkette. War alles noch kitschig und okay, bis wir beschlossen, uns den hinteren Winkeln des Rathausparks zu widmen, auf der Suche nach den Abgestürzten. Was wir fanden, war nicht anschaulich, sondern bestürzend.

Wirklich
Noch die Note vom frittierten Industriefleisch-Duft des letzten Standls in der Nase, sahen wir dem Grauen ins Auge. Eine mechanische Puppenband spielte unentwegt Jingle-Bells, während zu ihren Füßen Karussellpferde Kinder im Kreis kutschierten. Und das vor den Augen einer beschwipsten Elternschaft in bester Sonntagabend-Vorweihnachtslaune. Das Ganze war auch deshalb ein widerlicher Anblick, weil pensionierte Karussellpferde, falls sie dieses Stadium oder Gut Aiderbichl je erreichen, traumatisiert nur mehr im Kreis oder Achter gehen. Die Frage, die sich aus diesem halbwegs nüchternen Bewusstsein und der Beobachtung ergab: Wirklich? Ist das, was wir wollen? Ist das Weihnachten?

Es hätt bestimmt noch schlimmer sein können, auf LSD.