A bissl a Goschader, Kommunikator, Menschenkenner – der Rauchfangkehrer. Warum er auch Glück bringen soll, hab ich nachgefragt.

Text: Mascha K. Horngacher
Fotos: Bernhard Wolf

Der infantile Teil in mir reagiert beim Anblick eines Rauchfangkehrers begeistert: Es wird ein guter Tag. Da sich viele Rauchfangkehrer in den Straßen Wiens tummeln, hab ich viele gute Tage. Aber irgendwann fragte ich mich, woher der Glücksbringer-Glaube komme. Und worüber sich Rauchfangkehrer freuen. Also ging`s ins Rauchfangkehrermuseum in Wieden und zum Meister Rainer Schäffler, seiner Rauchfangkehrerin-Gattin Claudia, seinen Gesellen und zu den geheimen Ecken eines Gebäudes.

Lebender Glücksbringer
Kein Aberglaube, sondern ein Glück war es im Mittelalter, wenn der Rauchfangkehrer den Rauchfang vom gefährlichen Ruß befreite: Die Brandgefahr war gebannt, somit mögliche Todesstrafen bei Verschulden eines Feuers vermieden, und die Familie konnte in wohliger Wärme ohne Rauchgasvergiftung in der Stube etwas Gekochtes essen. Der Rauchfangkehrer galt als Bewahrer des Hausfriedens und Unglücksverhinderer ─ Umkehrschluss, ein Glücksbringer. Da das mit der elektrischen oder Gasheizung noch relativ jung ist, ist es nicht verwunderlich, dass die Symbolik mit dem Glück bis heute aufrecht ist.

Hardcore-Gläubige
Bei manchen Menschen geht der schöne Glaube so weit, dass sie sich nicht nur mit dem freudigen Anblick begnügen, nein, sie betatschen den Rauchfangkehrer und drehen an einem ihrer Knöpfe. Diese zwischenmenschliche Komponente beim Beruf hat mich gleich interessiert und bei der Vormittäglichen Tour mit den Gesellen Rene, Fani, Leo und Dejan wurde gleich klar: Berührungsängste gibt es keine, genauso wenig wie einen schüchternen Rauchfangkehrer. Dafür lassen sich auch viel zu gute anrüchige Scherze mit ihrer Tätigkeit machen.

Über den Dächern
Wir begleiteten die Vier bei einer Hauptkehrung. Das klang für mich wie Weihnachten, nach etwas Besonderem. Dass sich die Leute um sieben Uhr morgens aber nicht so freuen, verstand ich. Deswegen ging`s zuerst auch auf´s Dach. Immer schön von oben nach unten lautet die Devise. Wie ein Geschenk waren über den Dächern der Sonnenaufgang und der Ausblick. Spätestens da war ich ausgesöhnt mit dem Weckerläuten um halb 5 Uhr morgens. Denn Hab-Acht heißt`s für die Rauchfangkehrer um 6 Uhr – jeden Tag, rund ums Jahr.

Kommunikation par excellence
Ich selber machte einmal früh morgens im grünen Kimono die Wohnungstür auf, der Rauchfangkehrer meinte entzückt, das habe er noch nie gehabt. So war´s spannend, was ein Rauchfangkehrer denn so hat bzw. sieht. Meister Rainer beschreibt das mit „von bis“. Der Zutritt in das Zuhause von jemand Fremden erfüllte mich mit Vorfreude. Doch beim Beobachten wie beim Check von Therme, Fenster und Türen, heißt´s diskret sein. Dass durch den Beruf Menschenkenntnis entwickelt wird, bestätigt Rainer: „Zeig mir deine Wohnung und ich weiß, wer du bist.“ Na sauber, oder eben nicht. Denn die Erfahrung umfasst auch Unangenehmes: gesundheitsgefährdende Messy-Wohnungen, aggressive Köter, Verweigerer mit derben Beschimpfungen und Drohungen. Solche Glanzpunkte hatten wir bei der gemeinsamen Tour jedoch nicht.

Bewusstsein auf allen Ebenen
Die Schwierigkeit beim Beruf liegt beim Menschen, meint Rainer, der den Rauchfangkehrermeisterbetrieb von seinem Vater übernommen hat. Damit meint er vor allem das Bewusstsein der Leute für die Wichtigkeit des Energiethemas ─ gesundheitlich, ökonomisch und ökologisch. Oft wissen sie nicht, dass sie mit einer tickenden Zeitbombe leben und ihr Geld beim Fenster hinaus heizen. Außerdem ist die Lebenszeit auf der Welt beschränkt, so sollte sich jeder Gedanken über die Zukunft unserer Kinder machen. Selber führt er einen vorzeigbaren Betrieb mit Elektroautos und lebt privat in einem energieautarken Haus, ohne fossile Energie.

Der Herr der Schornsteine
Ganz allgemein erwähnt, sind Rauchfangkehrer in einer Innung organisiert. Es gibt Meister, Gesellen und Lehrlinge, es mutet etwas nach The Lord of the Rings an. Überhaupt ist es ein brüderliches Verhältnis zwischen den Rauchfangkehrern, es wird sich gefreut, wenn man andere aus der Gilde trifft: „Nicht, wie wenn ein Installateur einen anderen Installateur trifft und sich denkt, du Oasch, nimmst ma den Job weg“, so der ehemalige Installateur Rene. Die Gunst liegt darin, dass Rauchfangkehrer in Wien limitiert sind und Bezirke zugewiesen bekommen.

Meine Recherche führte zu zwei befremdlichen Fakten: Früher, also wirklich früher, kamen Kinder aus Italien und der italienischen Schweiz nach Wien zum Kehren. Sie waren eben schön klein. Und dass Bürgermeister Häupl seit 2008 Ehrenrauchfangkehrermeister ist. Zum Glück muss ja nicht mehr durch den Rauchfang gekrochen werden.

Und was freut einen Rauchfangkehrer nun? Der Anblick schöner Frauen (Achtung Flirtalarm), die eigenen Kinder, und wenn die Tür aufgemacht wird und man merkt, man ist willkommen. Das Wohl der Menschen liegt ihnen halt am Herzen, den RauchfangkehrerInnen.