Ein Stern am Salzburger Messehimmel ist die Hohe Jagd. Sie versammelt aus dem Um- und Inland, was zwei Beine hat und schießt, und bietet ein interessantes Rahmenprogramm. Wir hörten uns an, wie es klingt, wenn Jäger um die Wette röhren und erfuhren, was sie antreibt und wen sie treiben. Obwohl wir aussahen wie Greenpeace-Aktivisten.

Text: Mascha K. Horngacher
Fotografie: Bernhard Wolf
Audio-Zusammenschnitt: Manuel Radinger


Die Kulisse des Haupteingangs der Messe Salzburg erinnerte an ein voll besetztes Café in einem Reha-Zentrum anno 1995. Doch sobald wir ins Revier der Hohen Jagd eintraten, war die Zielgruppe klar: gestandene Mannsbilder in Jägergrün. Sie wirkten frisch aus dem Wald und neben lokalen Dialekten dominierten südosteuropäische Sprachen. Dicht gedrängt stand ein Messestand neben dem anderen: grüne Bekleidung in allen Nuancen, messerscharfes und schussfähiges Jäger-Equipment und Accessoires. Zwischendrin ein Friedhof an Dekoration mit präparierten Viechern und der Duft von Sauerkraut und Grammelknödeln. Absolutes Highlight war das überschwappende Angebot für Jagdsafaris ‒ in Kleinasien, Russland und Afrika.

Guter Jäger, böser Jäger
Der Stand der Jäger steht unter dem Generalverdacht, aus kaltblütigen Bambi-Mördern zu bestehen. Das ist ein Jammer, denn grundsätzlich ist der Jäger ein Naturbursch, der eins ist mit ihr und sie mit all dem Getier pflegt und hegt. Und dann und wann mal eins mit seiner Büchse schießt ‒ denn die Natur regle sich nicht selber, wurde mir gesagt. Wenn der einzige Feind vom Reh das Auto ist, dann ist das zu wenig. Die gepflegte jährliche Abschussliste scheint also sinnvoll zu sein. Noch dazu kommen damit Kenner und Schätzer des Wildbretts voll auf ihre Kosten: kein Fleisch ist mehr bio als Rotwild.

Kein Ausschnitt, keine Info
Wer sind nun die schwarzen Schafe, die die Zunft in Verruf bringen? Das war nicht einfach herauszufinden. Weil kaum einer mit uns sprach. Es ist ein Fehler bei Messen dieser Art, nicht im Dirndl oder einer knackigen Lederhose anzutanzen. Alles andere mutet nach Greenpeace  oder 4-Pfoten-Aktivismus an und wird mit Schweigen bestraft. Nachdem ich einen Workshop über Halbautomatik-Gewehre gecrasht hatte und mir ein bayrischen Jäger vom gekonnten Schießen und vom Wildbrett-Gulasch vorschwärmte (Hauptberuflich ist er Koch), gab ich mein Okay für das fähige Töten eines Rotwilds. Bei welchem Anblick ich dann stutzig wurde, waren die unzähligen Fotos an den Messestandwänden von Jägern mit Trophäen anderer Art: Elefanten, Löwen, Leoparden und Bären.

Kein Elefanten-Eintopf
Da ich noch nie von einem Löwen oder Elefanten-Gulasch gehört habe, erschien mir das fragwürdig. Möglicherweise hätte ich das Gespräch mit dem Pärchen der Tansania-Jagdsafari-Vermittlung geschickter als mit den Worten „Wahrscheinlich ist es nicht illegal, sonst wärt ihr nicht hier“ starten sollen. Aber immerhin erfuhr ich, dass es auch in Afrika Abschusslisten gibt, für sogenanntes Schadtier. Also Schadelefanten und Schadlöwen. Das sind Viecher, die den Einheimischen ihre Acker zertreten oder Zuchtziegenherden anfallen. Da die genannte Anzahl der zum Abschuss freigegebenen Löwen etwa unter Berücksichtigung allein des Angebotes auf der Salzburger Messe lächerlich gering schien, hackte ich nach, wie es mit Möglichkeiten abseits der Liste stehe. Die Antwort war ein loses Schulterzucken. Aber der Blick auf die Preisliste zeigte bei so manchen Anbieter zum einen, dass du mit 3.000,- dabei bist (Elefant ist sogar billiger als Löwe), zum anderen den Zusatz on demand. Sprich: das Tier ist gerade nicht wirklich im Angebot, aber es gibt Wege und Mittel, eins aufzutreiben. Die Frage von wo blieb offen. Die Sache stinkt eh schon, aber paradox macht es ein Aufschlag von fünfzehn Prozent. Diese Abgabe bekommt die dörfliche Bevölkerung und wird unter anderem für den Wildschutz eingesetzt. Ich muss das so stehen lassen, weil ich nicht mehr erfahren habe.

Von der Lust
Ein Jäger sagte sehr schön, dass das Jägertum seine Leidenschaft sei und Anblick von Natur und Tier genauso dazu gehöre, wie die Pflege und Hege. Wie es dann dazu kommt, eine wunderschöne Raubkatze abzuknallen, deren Fleisch auch nicht genießbar ist, war auch ihm ein Rätsel. Denn von Jagdfieber könne bei einer Gatterjagd oder can hunt, bei der die Tiere (auch alte Zooinsassen in den U.S.A.) zum Abschuss vorgeführt werden, nicht gesprochen werden. Es ist ein Geschäft, das daran verdient, dass es eine Lust am Töten befriedigt. Dass über der Messe generell ein Hauch an Erotik lag, entging auch mir nicht.

Vollröhrig zum Meistertitel
War es Zufall oder Schicksal, auf jeden Fall Glück: an unserem Besuchstag fand die Österreichische Hirschrufer-Meisterschaft statt. Jäger duellierten sich in der Imitation brünftiger Hirsche. In drei Disziplinen wurde Geröhrt: zu Beginn der Brunft, im Duell mit einem anderen Platzhirsch und am Ende der Paarungszeit. Während der Brunftzeit legen sie sich ordentlich ins Zeug, die Hirsche, um Kühe aufzureißen. Und zwar bis sie fix und fertig am Ende sind. Dann klingt ihr Röhren nicht mehr ganz so imposant – aber „einmal geht noch“ gilt auch in der Tierwelt.

Demnach: Weidmanns Heil; Auch das Motto der After-Messe-Party für die Aussteller.